Als sie acht Jahre alt war, verstarb ihre geliebte Großmutter. Gabriele war so manches Mal ganz still bei ihr in der großen Wohnküche gesessen, während ihre Brüder, Cousinen und Cousins draußen im Garten spielten. Sie wollte nur in ihrer Nähe sein und die heilige Ausstrahlung der Großmutter genießen, wenn diese ruhig und besonnen und offensichtlich mit Freude dort arbeitete. Sie hatte etwas sehr Reines und Klares um sich und das erfüllte das Kind mit tiefer Andacht.
Bei ihrer Beerdigung weinten viele Menschen und ihre etwas ältere Cousine schluchzte in größtem Schmerz, jetzt hätte sie keine Oma mehr. Gabriele verstand das alles nicht. Merkten die Menschen denn nicht, dass die Großmutter lebte? Na ja, ihren Körper hatte sie nicht mehr, der war so klein und winzig im Sarg gelegen, aber sie, die Großmutter war doch genauso spürbar wie immer.
Gabrieles Vater vertrat einmal vehement die Ansicht, dass es nur auf der Erde Leben geben könne und sonst auf keinem anderen Planeten. Gabriele war sehr überrascht, dass auch er so wenig wusste. Natürlich gab es auf vielen Planeten Lebewesen, aber nicht in so einer Form wie auf der Erde, das war doch auch eine allzu unsinnige Vorstellung. Es gab dort sehr kluge geistige Wesen. In menschlichen Worten hätte sie das nicht erklären können und längst hütete sie sich davor, solche Gedanken auszusprechen.
Manchmal schlich sie sich auch heimlich vor den Badezimmer-Spiegel, um sich dort ungestört tief in die Augen zu sehen. Irgendwo da drinnen in diesem Körper musste sie sein. Immer wieder versuchte sie, sich selbst zu sehen.
Im Alter von neun Jahren ereignete sich etwas sehr Aufregendes. Während sie mit ihrer Singklasse hinter der Bühne auf ihren Auftritt wartete, berührte sie plötzlich ein Musiklehrer an der Schulter, um sie zu Ruhe zu ermahnen, was ihr sehr, sehr peinlich war. Und wie sie zu ihm aufblickte, erkannte sie ihn sofort wieder, obwohl sie ihn in diesem Leben noch nicht gesehen hatte. Er war wieder da, er war wieder da, jetzt hatte sie ihn wieder! Ihr Herz zersprang fast vor Glück und Aufregung.
An diesem Tag hörte er sie Solo singen und einige Monate später erlebte er sie an einem Musikwettbewerb am Klavier. Darauf nahm er sie als hochbegabtes Kind, so war seine Begründung, als Klavierschülerin unter seine Fittiche und eine wunderbare Zeit gelebter Musik mit ihm begann. Bei ihm bedurfte es kaum Worte, fühlend verstand sie stets sofort, was er ihr vermitteln wollte und sie spürte seine Überraschung, Liebe und Berührung.
Die Jahre vergingen, Gabriele blieben die Musik und der tägliche geistige Austausch mit Gott, wenngleich sie sich auch immer mehr an die irdische Gepflogenheiten anzupassen versuchte und sie vieles vergaß… Sie vergaß, wie es zu Hause war, wie es dort war, woher sie gekommen war…
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